Sind E-Zigaretten das kleinere Übel?
Langzeitstudien gibt es noch nicht, denn E-Zigaretten werden erst seit einigen Jahren verkauft. Trotzdem mehren sich die Meldungen, dass der von den Geräten erzeugte Dampf schädlich ist.
- Inge Wünnenberg
Den eher unbeteiligten Beobachter überkommt das Gefühl, als ob hier der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden soll. Es ist wohl unbestritten, dass Rauchen nicht nur süchtig macht, sondern auch gesundheitsschädigend ist. Von der Hoffnung, dass der elektrische Ersatz – die E-Zigarette – besser ist, profitiert eine ganze Branche inzwischen kräftig. Denn das Alternativgerät erzeugt keinen Rauch, vielmehr werden aromatisierte Flüssigkeiten elektrisch verdampft und der Nebel vom Konsumenten eingeatmet.
Ein Konzept, das offensichtlich auf viel Akzeptanz stößt. Denn dem Statistik-Portal statista zufolge belief sich der Umsatz mit E-Zigaretten im Jahr 2016 in Deutschland auf 400 Millionen Euro. Dieser Erfolg hierzulande scheint auch an den Einsatz des Tabakwarenfachgroßhändlers Lekkerland geknüpft zu sein, der laut der Zeitung Der Tagesspiegel 2014 einen Großteil des Vertriebs übernommen hat.
Inzwischen aber mehren sich die Stimmen über die Schädlichkeit der inhalierten Substanzen, die man vielfach ohne Probleme oral zu sich nehmen, aber nicht unbedingt gefahrlos einatmen kann, wie zum Beispiel das Bundesinstitut für Risikobewertung dokumentiert. Waren viele zunächst froh, dass E-Zigaretten vielleicht ein bisschen weniger schädlich sind als Tabak, so werden neuerdings zunehmend Studien veröffentlicht, die klar machen, dass es sich bei den Geräten nicht um ein "harmloses Lifestyleprodukt" handelt.
Zwar kann bisher weder das exakte Risiko durch die vielfältigen inhalierten Substanzen noch das Ausmaß der Langzeitschäden nachvollzogen werden, aufgrund der kurzen Zeitspanne, in denen die Produkte auf dem Markt sind. Die Anfang Februar im Journal JAMA Cardiology veröffentlichte Studie von der David Geffen School of Medicine an der University of California in Los Angeles bestätigte jedoch bereits "Increased Cardiac Sympathetic Activity and Oxidative Stress in Habitual Electronic Cigarette Users", also das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter den regelmäßigen Konsumenten von E-Zigaretten.
In einer Hinsicht scheinen sich die Forscher somit zunehmend einig zu sein: E-Zigaretten können "keineswegs als harmlos bezeichnet werden". So formulieren es auch die dänischen Wissenschaftler Charlotta Pisingera und Martin Døssing in ihrem Beitrag im Journal Preventive Medicine. Nicht zuletzt weist eine Studie des Office on Smoking and Health der US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention gerade auf die Schädlichkeit der E-Zigaretten für Kinder und Heranwachsende hin. Und in dem Punkt scheinen sich klassische Zigaretten mit ihrem Tabak kaum von ihren elektronischen Konkurrenten zu unterscheiden – vor allem nicht, wenn diese Nikotin enthalten. (inwu)