Ich habe schon zum Editorial einen Kommentar geschrieben:
https://www.heise.de/forum/c-t/Kommentare-zu-c-t-Artikeln/Editorial-Echt-jetzt/Ohje-was-soll-man-dazu-sagen/posting-32126087/show/
Aber da die Diskussion hier stattfindet, werde ich mich auch hier nochmals unbeliebt machen und versuchen, eine andere Seite zu beleuchten:
Die Käufer solcher Uhren sind meist besorgte Eltern, die im Ernstfall (Kind geht verloren, verläuft sich, haut ab, verunfallt, wird mitgenommen etc.) nicht mit leeren Händen dastehen wollen. Spätestens seit Edward Snowden weiß jeder, dass Überwachung und Belauschung allgegenwärtig sein kann und oft auch ist. Egal ob Arbeitgeber, Hausbesitzer, Städte und Gemeinden, Polizei, Geheimdienste oder private Firmen - die Käufer solcher Uhren sind sich sicher, belauscht zu werden. Es gibt also wenig bis gar kein Unrechtsbewustsein, die neuen Möglichkeiten für die legitimste Sache der Welt einzusetzen: Das eigene Kind zu schützen und vor Schaden zu bewahren. Genau das hat der Firmeninhaber ausgedrückt indem er schreibt: "Überwachung aller Handies überall möglich", "wir sind ein kleiner Fisch, schauen Sie doch Größere an" etc. Mit so einem Artikel trifft es den Falschen. Was wir alle verurteilen sollten, ist Massenüberwachung durch Staat, Organisationen und private Firmen. Dagegen sollten wir tagein tagaus kämpfen. Aber wir sollten niemandem schaden, der besorgten Eltern ein Werkzeug an die Hand gibt, sein verlorenes Kind wiederzufinden.
Der mir andere wichtige Punkt, den ich im obigen Kommentar ausführlich darlegte, legt die Betonung auf ein immer innovationsfeindlicheres Klima in Europa und Deuscthland. Das hilft immer nur den großen Platzhirschen aber schadet der Masse der normalen Leute und Kleinunternehmen. Je mehr Barrieren oder Schranken (Zwangsmitgliedschaften in Innungen und Gewerbevereinen, Einhaltung von Normen, die schon alleine um das damit bedruckte Papier zu bekommen für kleine prohibitiv teuer sind (z.B. DIN/EN Normen des Beuth Verlags), Funknormen wie ETSI, Zulassungsregeln für Lebensmittel etc.pp.) aus welchen Gründen auch immer vor innovative neue Produkte und Dienstleistungen gestellt werden, umso mehr werden Erfinder, Gründer, Startups etc. verschreckt, abgeschreckt und die nötigen Arbeitsplätze werden nicht geschaffen oder gehen verloren. Je höher die Anforderungen, desto weniger haben neue Einsteiger die Chance, teilzunehmen, desto mehr wird das Angebot von wenigen oder einem Monopolisten dominiert, desto teurer wird das alles für uns all, desto weniger Arbeitsplätze gibt es, desto leichter können Steuern und Abgaben umgangen werden, kann die Politik beeinflusst und gekauft werden desto mehr "To-big-to-fail". Manche werden sagen: Aber wenn jemand zu klein ist, um alle Regeln einzuhalten um uns zu schützen und die Umweltstandards alle einzuhalten, dann hat er es nicht verdient und wir müssen halt mit den wenigen Großen Vorlieb nehmen, die das können. Da sei einfach mal an den aktuellen Dieselabgasskandal erinnert. 4 große Autohersteller und ein Zulieferer (VW, BMW, Mercedes, Opel, Bosch) in Deutschland sind groß genug, um ihre Eigentümer Milliardäre werden zu lassen. Aber sie schaffen es nicht die geltenden Abgasnormen einzuhalten oder haben einfach die Politik und die Marktüberwachung gekauft, um sie nicht einhalten zu müssen. Oder an die Finanzkriese und die "Zu großen Banken" oder an Betrügereien bei den Zulassungen von Medikamenten oder Pflanzengiften großer Multis (z.B. Tamiflu von Norvartis oder Bayers Neonicotinoide).
Man sollte sich mal Gedanken machen, warum inzwischen so unglaublich viele Produkte des täglichen Lebens aus Asien und speziell China kommen. Oft wird von niedrigen Gehältern gesprochen. Das stimmt so gar nicht mehr. In Shenzen, dem weltweiten Elektronik-Zentrum in China mit 12 Millionen Einwohnern, ist der Lohn für Fabrikarbeiter mit 600-800 USD schon fast doppelt so hoch wie in manchen Europäischen Ländern (Slowakei, Bulgarien, Rumänien etc.) In Wirklichkeit ist es so, dass sich die Chinesischen Hersteller und Lieferanten (eBay, Amazon, AliExpress etc.) intensiv um neue Funktionen für die Endkunden und einen niedrigen Preis kümmern - denn da wird er Kunde sauer, wenn es nicht so wie versprochen funktioniert oder zu teuer ist. Aber all die anderen Anforderungen wie CE, RHoS, ETSI, FCC, VDE, DIN etc. interessiert die Kunden und somit auch die Hersteller nicht.