Das hohe Cis der Genetik
Das hohe Cis der Genetik
Überdies glauben die Pflanzenzüchter, mit der Cisgenetik einen Joker gegenüber den Zulassungsbehörden gefunden zu haben: "Weil die Artgrenze nicht überschritten wird, können sich im Freiland keine artfremden Gene verselbstständigen und beispielsweise Wildpflanzen verunreinigen. Cisgene Pflanzen sollten relativ sicher sein", sagt Rommens. Dennoch fallen sie in den USA und in Europa noch unter die Gentechnik-Gesetze. In Australien dagegen müssen cisgene Pflanzen weder zugelassen noch gekennzeichnet werden – dies dürfte mit ein Grund dafür sein, dass Australien und Neuseeland zu Hochburgen der Cisgenetik-Forschung avancieren.
Vor kurzem forderte der deutsche Genetiker Bernd Müller-Röber vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm deshalb auch für die EU Vorschriftenfreiheit für cisgene Gewächse. Unterstützung erhält er etwa vom Bioethiker Bjørn Myskja von der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie in Trondheim: Mit ausschließlich cisgenen Modifikationen werde den Bedenken der Konsumenten Rechnung getragen, und die Technik respektiere die Artenvielfalt der Natur.
Christoph Then, Gentechnikexperte bei Greenpeace, allerdings lässt sich davon nicht überzeugen: "Auch bei der Cisgenetik werden Gene außerhalb der normalen Vererbung in das Erbgut eingeschleust. Der Genpool wird zwar im Idealfall nicht über Artgrenzen hinweg verändert, aber die cisgene Pflanze kann zu einer Art Alien innerhalb des bestehenden Genpools werden." Da der Einbau des umgedrehten Genkonstrukts an einer nicht beeinflussbaren Stelle im Genom erfolgt, könnten potenziell gefährliche Veränderungen bei den Inhaltsstoffen der Kartoffeln auftreten, die womöglich erst nach der Zulassung bemerkt werden. (bsc)