Plug-in-Hybrid: Schummelelektro

Dank realitätsferner Berechnungsmethoden, können sich auch monströse Spritfresser mit niedrigem Verbrauchswerten schmücken – als Plug-in-Hybrid.

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Von
  • Sven Hansen

Schon häufiger habe ich Plug-in-Hybride in Gesprächen oder Interviews provokant als "Schummelelektros" bezeichnet. Vor allem, weil ich sie öfter mal als Gratisparker beim Blockieren von Ladesäulen erwischt habe. Da hing dann ein Monster mit Doppelendrohr pro forma am Kabel "meiner" Ladesäule, ohne dabei überhaupt zu laden. Auch die Abgaswolken vorausfahrender Autos, in deren Mitte ein E-Kennzeichen prangte, verdüsterten mein E-Fahrer-Gemüt.

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Wie treffend die Bezeichnung ist, wurde mir erst bei der Recherche des aktuellen Titels klar. Da muss man dann auch als gestandener Journalist zwei-, drei- oder viermal nachschauen und sich die Augen reiben. Am Ende hängt der ganze Wahnsinn des ausgewiesenen Spritverbrauchs und des CO2-Ausstoßes von Plug-in-Hybriden an einer höchst komplexen, aber realitätsfernen Formel. Sie beschert selbst übelsten Spritfressern Traumwerte um drei Liter auf 100 Kilometern, wenn der Hersteller sie nur als Plug-in-Hybrid verpackt mit ein wenig Elektroreichweite würzt.

Theoretisch KANN man einen Plug-in-Hybrid natürlich auf weiten Strecken elektrisch bewegen, wenn man immer nur 40 Kilometer weit fährt und dann ein paar Stündchen Ladepause einlegt. Ich könnte meinen Diesel aber auch einfach ein paar Kilometer über die Landstraße schieben oder bergab rollen lassen und ihn so zum "Zero Emission Vehicle" machen.

Welcher Lobbyist auch immer sich dieses regulatorische Meisterwerk hat einfallen lassen: Angesichts wachsender Zulassungszahlen für die Plug-in-Hybride, steigender Fahrzeuggrößen und realem Mehrverbrauch kommt er aus dem Lachen wahrscheinlich kaum noch heraus. Ich hoffe, ihm geht bald die Luft aus.

PS: Ein "Hotfix" ist auf dem Weg, der den Wahnsinn hin zur Realität korrigieren soll. Schon 2027 soll es so weit sein - wir wollen ja niemanden mit der Wahrheit überfordern, gelle? Und falls es nicht langsam genug geht, findet der Verkehrsminister sicher noch eine Notbremse, um die Plug-in-Hybride zu retten.

c't Ausgabe 13/2023

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c't 13/2023

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(sha)