„Bewusstsein ist selbst in den kleinsten Teilchen“
Nicht nur bei Mensch (und Tier): Der Philosoph Philip Goff hält Bewusstsein für einen allgegenwärtigen Bestandteil der Realität.
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- Gregor Heppel
Als sich Philip Goff das erste Mal auf eine Stelle bewarb, wurde ihm empfohlen, sein Interesse am Panpsychismus für sich zu behalten. Mittlerweile lehrt er an der Budapester Central European University und arbeitet an seinem zweiten Buch zu dem Thema. Was einst als lächerliche Theorie abgetan wurde, ist längst ernsthafter Forschungsgegenstand der analytischen Psychologie. Im Gespräch mit Technology Review erläutert Goff seine Weltsicht.
Panpsychismus setzt dort an, wo die Physik ihre Grenzen hat: Bei der Erklärung des Bewusstseins. So meint Goff: „Was sagt uns die Physik über ein Elektron? Sie gibt Auskunft über die Masse und die Ladung. Die Physik sagt uns aber nicht, was ein Elektron ist.“ Dabei müsse aber eine Theorie, die von sich behaupte, eine vollständige Beschreibung der Realität zu liefern, auch eine schlüssige Erklärung dazu parat haben, welchen Platz das Bewusstsein im Universum einnehme.
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Bewusstsein aus Materie
Goff bezieht sich auf den Wissenschaftler Arthur Eddington, der als erstes die Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein bewiesen hat. Eddingtons Annahme: Materie könne Bewusstsein besitzen, der Beweis dafür sei das menschliche Gehirn. Was spreche daher dagegen, dass auch der restliche Teil der Materie die gleichen Eigenschaften besitzen und damit ein Bewusstsein enthalten könne? „Die Ansicht bedeutet also, dass das Bewusstsein überall ist, als grundlegendes, allgegenwärtiges Merkmal der Realität. Sie bedeutet aber nicht, dass jeder Stein oder Tisch ein Bewusstsein besitzt“, so Goff.
Der Panpsychismus ist nicht der einzige Erklärungsversuch der Rolle des Bewusstseins, auch der Dualismus und der Materialismus beschäftigen sich mit diesem Thema. Beide hätten laut Goff aber mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen: „Die Naturwissenschaft war von Anfang an nicht als vollständige Beschreibung der Wirklichkeit gedacht.“
Noch gebe es keine offensichtlichen praktischen Anwendungen für den Panpsychismus. Allerdings beschäftige sich auch nicht jede Forschung mit so konkreten Themen wie der Heilung von Krebs. „Wir wollen versuchen zu verstehen, wie diese Realität, in der wir leben, wirklich ist.“
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