Ehemalige Moderatorin verklagt TikTok wegen traumatisierender Videos
Kannibalismus, Suizide, Gewalt: Hunderte TikTok-Videos mit teils grausamen Inhalten musste Candie Frazier am Tag sichten – und fordert nun Schadenersatz.
(Bild: XanderSt/Shutterstock.com)
- Achim Barczok
Eine ehemalige Inhalte-Moderatorin hat gegen die Social-Media-Plattform TikTok und deren Mutterunternehmen ByteDance Inc. in den USA Klage eingereicht. Darin wirft sie ByteDance vor, sie nicht ausreichend vor den psychischen Auswirkungen ihrer Arbeit geschützt zu haben.
Als Inhalte-Moderatorin habe sie laut Anklageschrift Videos sichten müssen, die unter anderem Schießereien an Schulen, Selbstmorde, extreme Gewalt und sogar Kannibalismus dokumentiert haben. Dabei habe sie auch die Tonspur der Videos anhören müssen.
Industriestandards zum Moderatorenschutz ignoriert
TikTok habe sich demzufolge nicht an die Industriestandards zum Schutz von Moderatoren in sozialen Medien gehalten. Diese sehen der Newsseite The Verge zufolge unter anderem genügend Pausen, psychologische Unterstützung und Sicherheitsvorkehrungen beim Sichten der Videos vor, zum Beispiel Blurring und das Verringern der Auflösung
Für jedes Video haben Moderatoren bei TikTok zur Sichtung und Bewertung der höchstens 25 Sekunden Zeit, heißt es in der Anklage. Sie müssten in 12-Stunden-Schichten Hunderte Videos ansehen, häufig mehrere gleichzeitig. Es seien nur wenige Pausen erlaubt. Gegenüber der Nachrichtenplattform Bloomberg wollte sich TikTok zu dem Vorgang nicht äußern, betonte aber, "eine fürsorgliche Arbeitsumgebung für unsere Mitarbeiter und Auftragnehmer zu fördern."
Sammelklage fordert Schadenersatz und medizinischen Fonds
Candie Frazier, die in Las Vegas lebt und für einen TikTok-Vertragspartner als Inhalte-Moderatorin arbeitete, habe infolge der Tätigkeit Panikattacken und Depressionen entwickelt. Bei ihr seien Symptome aufgetreten, die in Zusammenhang mit Angstzuständen und posttraumatischen Belastungsstörungen stehen. Außerdem habe sie Schlafprobleme und leide an Alpträumen.
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Ziel der Sammelklage (Bezirksgericht für Zentral-Kalifornien, Frazier v. TikTok Inc. et al, Fall-Nummer 2:21-cv-09913) sei es, dass TikTok ihr und anderen für die erlittenen psychischen Schäden Schadensersatz zahle und einen medizinischen Fonds für Moderatoren einrichte.
(acb)