Microsoft kommt nach Gerichtsurteil Forderungen der EU-Wettbewerbshüter nach [Update]
Einen Monat nach der spektakulären Niederlage vor Gericht passt Microsoft u. a. die Lizenzbedingungen für die Protokoll- und Schnittstelleninformationen zur Kommunikation mit Windows-Servern so an, dass auch Open-Source-Entwickler sie nutzen können.
- Jürgen Kuri
Einen Monat nach der spektakulären Niederlage im Verfahren um die Wettbewerbsauflagen vor dem EU-Gerichtshof erster Instanz scheint Microsoft die EU-Kommission vorerst zufrieden gestellt zu haben: Microsoft habe die ausstehenden Wettbewerbsforderungen der Kommission erfüllt; dabei gehe es um die Öffnung des marktbeherrschenden Betriebssystems Windows für mehr Wettbewerb, teilte die EU-Behörde mit.
Es seien nun die Bedingungen festgelegt worden, unter denen Microsoft technische Einzelheiten an andere Hersteller offenlegen muss, damit deren Software mit Microsofts Windows-Server-Systemen reibungslos zusammenarbeiten kann. Nach den Angaben der EU-Kommission hat Microsoft bei der Offenlegung der Protokoll- und Schnittstelleninformationen in wichtigen Punkten nachgegeben, um die Maßnahmen Microsofts in Übereinstimmung mit den Auflagen der Kommission zu bringen.
Zuallererst habe Microsoft nun zugestanden, dass auch Open-Source-Entwickler auf die Interoperabilitätsinformationen zugreifen und sie nutzen. Die Bedingungen der Lizenz für die Protokoll- und Schnittstelleninformationen werden so geändert, dass sie mit einem Open-Source-Businessmodell in Einklang stehen.
Außerdem wird es zwei Lizenzmodelle geben. Eine Lizenz, die als "No Patent Agreement" bezeichnet wird, umfasst alle Interoperabilitätsinformationen, aber nicht die Nutzung der Patente, die Microsoft für eine bestimmte Technik, die im Rahmen der Protokolle und Schnittstellen genutzt wird, für notwendig hält. Die Lizenzgebühren dafür seien auf eine nominale Zahlung von 10.000 Euro reduziert worden. In den Vereinbarungen mit Entwicklern wird Microsoft zudem die Vollständigkeit und Exaktheit der Interoperabilitätsinformationen garantieren – was vor Gericht einklagbar sein soll, einschließlich möglicher Auflagen für Microsoft und Schadensersatzzahlungen. Eine weitere Lizenz ("Patent Agreement") enthalte die Nutzung aller von Microsoft im Rahmen der Protokoll- und Schnittstellendefinitionen beanspruchten Patente; die Zahlungen für diese weltweite Lizenz einschließlich aller betroffenen Patente sei von 5,95 Prozent auf 0,4 Prozent des Umsatzes reduziert worden, den der Lizenznehmer mit dem mittels der Interoperabilitätsinformationen entwickelten Produkt erzielt.
Die Kommission hielt sich offen, nachträglich noch ein Bußgeld festzulegen, da Microsoft nach Ansicht der Brüsseler Wettbewerbshüter für die Protokoll- und Schnittstelleninformationen ungerechtfertigte Lizenzgebühren erhoben habe. Eine Entscheidung werde zu einem späteren Zeitpunkt fallen.
Das Wettbewerbsverfahren gegen Microsoft läuft seit Jahren. Die Kommission hatte im März 2004 ein Rekordbußgeld von 497 Millionen Euro gegen Microsoft verhängt und das Unternehmen zur Öffnung von Windows für mehr Wettbewerb bei Medien-Playern und Servern verurteilt – dazu gehörte, dass Microsoft eine Windows-Version ohne Media Player anbieten musste und die Schnittstelleninformationen zur Kommunikation mit Microsoft-Servern offenlegen sollte. Seitdem lief ein erbitterter Streit um die Umsetzung der Sanktionen; Microsoft hatte zudem beim EU-Gerichtshof erster Instanz in Luxemburg gegen die Sanktionen aus dem Jahr 2004 geklagt.
Mitte September entschied das EU-Gericht dann, dass die Wettbewerbsauflagen und die Geldbuße zu Recht verhängt wurden: "Der Gerichtshof bestätigt grundsätzlich die Entscheidung der Kommission, die feststellte, dass Microsoft eine marktbeherrschende Position missbrauchte." Der Gerichtshof erster Instanz hielt unter anderem fest, dass die Kommission die Situation im Servermarkt korrekt beschrieben und die richtigen Konsequenzen gezogen habe. Auch wies der Gerichtshof den Einwand Microsofts zurück, durch die Auflagen zur Interoperabilitätsgewährleistung bei Servern sei Technik betroffen, die durch geistige Eigentumsrechte des Konzerns geschützt sei.
[Update]:
Offensichtlich sieht Microsoft auch keine Chance mehr, gegen die Entscheidung der europäischen Wettbewerbshüter und der erstinstanzliche Bestätigung der Auflagen weiter vorzugehen. Das Unternehmen werde beim höchsten EU-Gericht, dem Europäischen Gerichtshof, keine Berufung gegen das Urteil des EU-Gerichtshofs Erster Instanz einlegen, teilte ein Unternehmenssprecher mittlerweile gegenüber dpa mit.
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