Quantencomputer erobern die Künstliche Intelligenz
Die Superrechner sollen das Maschinelle Lernen massiv voranbringen. Pionier D-Wave will mit einem ersten Projekt zeigen, was möglich ist.
(Bild: D-Wave Systems Inc.)
- Dr. Wolfgang Stieler
- Robert Thielicke
Quantencomputer könnten ein großes Hindernis aktueller KI-Algorithmen beheben: Bisher sind riesige Datenmengen nötig, um sie zu trainieren. Soll ein KI-System beispielsweise automatisch erkennen, ob Röntgenbilder krankhafte Veränderungen zeigen, müssen ausgebildete Mediziner in mühsamer Kleinarbeit die Bilder vorher genau auszeichnen. Gleiches gilt für viele weitere Anwendungen – von der Erkennung von Radfahrern in autonomen Autos bis hin zur automatischen Analyse von Qualitätsmängeln in der Industrieproduktion.
Maschinelles Lernen auf Quantenrechnern
Um das Problem zu lösen, will Quantencomputer-Pionier D-Wave nun das Maschinelle Lernen auf seine Quantenrechner bringen. Das Versprechen: Deep Learning mit viel weniger Daten. "Quanten-Prozessoren können mit viel kleineren Modellen rechnen", sagt Sheir Yarkoni, Data Scientist bei D-Wave.
Das kanadische Unternehmen stellt spezielle Quantenchips zur Lösung von Optimierungsproblemen her, wie zum Beispiel die Berechnung optimaler Routen zur Stauvermeidung. Nun hat D-Waves neu gegründete Geschäftseinheit Quadrant Software entwickelt, die mit Hilfe so genannter generativer Modelle arbeitet. Der Nutzer kann solche Modelle mit nur sehr wenigen gelabelten – also von Hand ausgezeichneten – und zusätzlichen nicht gelabelten Daten trainieren. Solche Modelle können deutlich effizienter klassifizieren, ob ein Datenpunkt falsch oder richtig ist – ob also beispielsweise ein Bild einen Radfahrer enthält oder nicht. Mit klassischen KI-Algorithmen geschieht das über aufwändige Wahrscheinlichkeitsrechnungen. In Quantencomputern hingegen ist diese Rechnung gewissermaßen physikalisch hinterlegt. "Es geschieht auf natürliche Weise", umschreibt Yarkoni den Prozess.
Erster Platz im KI-Wettstreit
Ein erster Beweis für die Überlegenheit des Prinzips glückte dem Unternehmen gemeinsam mit dem Medizintechnik-Anbieter Siemens Healthineers 2017. Das Team hatte an der Cataract Medical Imaging Grand Challenge teilgenommen. KI-Algorithmen traten gegeneinander an, um Operationsbesteck in einem Video zu identifizieren. Gefilmt wurde eine Augen-OP, um den Grauen Star zu beseitigen. Das Team belegte den ersten Platz.
Die Anwendung "ist sehr theoretisch", gibt Yarkoni zu. Bisher läuft der Quanten-Teil dieses Algorithmus zudem noch auf klassischer Hardware. Aber als Proof-of-Concept dafür, dass Quantencomputer das Maschinelle Lernen deutlich voranbringen, sei sie durchaus geeignet. Schon bald will D-Wave die Anwendung aber auch auf seinem neusten Quantenchip zur Verfügung stellen.
Veranstaltungshinweis: Treffen Sie Sheir Yarkoni von D-Wave am 20. und 21. November auf dem "Innovators Summit AI" von Technology Review.
(anwe)