EU-Copyright-Reform: Der Kampf gegen Artikel 13
Die geplante EU-Urheberrechtsreform bringt Menschen in Demos auf die Straße. Aber es ist unklar, ob am Entwurf, speziell Artikel 13, noch etwas zu drehen ist.
- Michel Winde, Jenny Tobien, dpa
Artikel 13. Bis vor Kurzem wussten damit nur Digital-Experten und einige versierte Internet-Nutzer etwas anzufangen. Spätestens seit Mitte Februar hat sich das geändert. Seitdem formiert sich vor allem in Deutschland ein Protest, den es in dieser Art wohl noch nicht gab. Er richtet sich gegen die geplante Reform des EU-Urheberrechts im Allgemeinen – und gegen Artikel 13 im Besonderen.
Getragen wird der Protest vor allem von jungen Internetnutzern. Wer Kinder hat, dürfte von Upload-Filtern, dem vermeintlichen Ende des freien Internets und Artikel 13 allerdings auch schon gehört haben. Dabei sollte eigentlich alles besser werden. Als die EU-Kommission 2016 neue Regeln vorschlug, wollte sie das Urheberrecht ans digitale Zeitalter anpassen, Urheber und Rechteinhaber sollten für ihre Arbeit fairer bezahlt werden. Darauf können sich auch heute noch alle einigen. Strittig ist nur der Weg. Hier kommt Artikel 13 des Urheberrechts ins Spiel.
Mitte Februar einigten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments auf einen Kompromiss der Reform. Dieser sieht in Artikel 13 vor, Plattformen wie YouTube beim Urheberrecht stärker in die Pflicht zu nehmen. Bislang müssen sie geschützte Werke von ihrer Seite löschen, sobald sie eine Beschwerde erhalten. Die neuen Regeln sehen vor, dass die Betreiber schon beim Hochladen sicherstellen müssen, dass urheberrechtlich geschützte Werke nicht unerlaubt auf ihrer Seite landen.
Dies können sie nach Ansicht von Kritikern nur durch Filter erreichen, die jedes Werk mit einer Datenbank abgleichen. Gegner der Reform befürchten Zensur. Der Chaos Computer Club (CCC) etwa sieht das "freie bunte Internet" in Gefahr. Die Filter seien fehleranfällig, sie könnten nicht zwischen erlaubter Satire, Parodie oder Zitat und tatsächlichen Urheberrechtsverstößen unterscheiden, warnen Kritiker. Letztlich sei die Meinungsfreiheit bedroht. Der Widerstand ist enorm. YouTuber LeFloid fordert von seinen mehr als drei Millionen Followern: "Stoppt Artikel 13!" Europaabgeordnete erhalten so viele Protest-E-Mails wie nie. Knapp fünf Millionen Gegner haben eine Online-Petition unterzeichnet.
Europaweite Demos am 23. März
Doch der Protest soll auch auf die Straße getragen werden. In Köln wurde bereits demonstriert, an diesem Samstag veranstaltet das Bündnis "Berlin gegen 13", hinter dem unter anderem der CCC und der Verein Digitale Gesellschaft stehen, eine Demo in der Hauptstadt. Die Organisatoren sehen die Veranstaltung vor allem als Warm-Up für die europaweiten Proteste am 23. März.
Online-Plattformen haften künftig mit wenigen Ausnahmen für Urheberrechtsverletzungen der Nutzer. Kritiker beklagen einen Angriff auf das freie Netz.
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Julia Reda von den Piraten führt den Widerstand im EU-Parlament an. "Getragen wird der Protest von der Generation, die diese Plattformen aktiv nutzt und im Internet nicht nur konsumiert", sagt sie. Und die SPD-Europaabgeordnete Martina Werner sagt: "Die jungen Leute, die mit YouTube groß geworden sind, die sind auf hundert. Und die, die nicht mit YouTube groß geworden sind, kriegen das gar nicht mit." In Deutschland ist der Konflikt aber auch in der Bundespolitik angekommen – und hat zum Konflikt innerhalb der Regierung geführt. Justizministerin Katarina Barley ist eigentlich gegen Artikel 13, ebenso Digital-Staatssekretärin Dorothee Bär. Durchsetzen konnten sie sich nicht, Deutschland stimmte dem Kompromiss kürzlich zu. Dabei lehnt auch der Koalitionsvertrag (Seite 49) den verpflichtenden Einsatz von Upload-Filtern als "unverhältnismäßig" ab.