Das Gehirn als Vorbild
Neuromorphe Computer: Biologisch inspirierte Datenverarbeitung
Die Menschheit giert nach immer mehr Rechenleistung, doch die gängigen Computerarchitekturen stoßen zunehmend an physikalische Grenzen. Auf der Suche nach neuartigen Konzepten orientieren sich Computerwissenschaftler deshalb am menschlichen Gehirn und versuchen, die Funktionsweisen biologischer Nervensysteme technisch nachzuahmen.
Was kommt nach Moore? Diese Frage treibt Forscher und Tech-Konzerne gleichermaßen um. Gemeint ist das Mooresche Gesetz, das seit Beginn des Computerzeitalters mit erstaunlicher Zuverlässigkeit beschreibt, wie sich die Anzahl der in einen Chip integrierten Bauelemente alle ein bis zwei Jahre verdoppelt. Doch die dafür nötige Verkleinerung von Transistoren stößt langsam, aber sicher an knallharte, physikalische Grenzen. Dabei trägt jeder von uns eine Rechenmaschine auf den Schultern, die im Laufe von Millionen Jahren Evolution eine enorme Effizienz ausgebildet hat: das Gehirn. Es würde gleich mehrere Probleme lösen, diese Prozesse technisch nachzubauen.
Im Alltag kommt das Gehirn mit lediglich 25 Watt aus und erledigt Aufgaben, die jedes KI-System hoffnungslos überfordern. Während Prozessoren im strengen Takt der Systemuhr Nullen und Einsen durch Register, Caches und Speicher schieben, arbeitet das Gehirn ohne Hauptspeicher und ohne fixen Rhythmus auf Basis sogenannter Spikes. Diese elektrischen Impulse entstehen, wenn eines der knapp 86 Milliarden zu einem Netzwerk verbundenen Neuronen feuert, um Information an Tausende andere Neuronen zu übertragen. Wird ein Neuron wiederum von genügend solcher Spikes angeregt, beginnt es seinerseits zu feuern und die Datenverarbeitung ist in vollem Gang.