Aktuell

TYPOGRAFIE

Die unvergessliche Schrift

Je einfacher sich eine Schrift lesen lässt, desto besser – sollte man meinen. Ein Team am australischen Royal Melbourne Institute of Technology, darunter Designer und Verhaltenspsychologen, ging nun genau den gegenteiligen Weg: Es hat eine Schrift mit Stolpersteinen entwickelt, um den Lesefluss zu bremsen. Dadurch soll das Gelesene länger im Gedächtnis haften bleiben.

Die Schriftart hört auf den Namen „Sans Forgetica“, bedeutet „unvergesslich“ und spielt auf die serifenlose Schriftart Helvetica an. Die Buchstaben von Sans Forgetica sind löchrig, nach links geneigt und haben eigenwillige Höhen und Abstände. Die Schrift kann man kostenlos herunterladen. Besonders praktisch: Die Forscher haben ein Plug-in für Chrome entwickelt, mit der sich jeder Onlinetext in Sans Forgetica umwandeln lässt.

Sie soll sich besonders für Fachtexte und Lernmaterialien eignen, so die Macher. In einer Untersuchung mit 400 Studenten schlug die Schriftart traditionelle Computerfonts, wenn es darum ging, Inhalte zu behalten – gestört hat das ungewöhnliche Design nach Angaben der Forscher kaum. BEN SCHWAN

DROGEN

Mit Abwasser gegen Opioid-Opfer

Mehr als 70000 Menschen starben 2017 in den USA an einer Drogen-Überdosis, etwa zwei Drittel davon an Opioiden wie Heroin oder dem Narkosemittel Fentanyl. Gut ausgestattete Rettungsdienste und Aufklärungskampagnen in den Brennpunkten könnten helfen, diese Zahl zu senken. Auf Opioide zugeschnittene Analysen städtischer Abwässer sollen nun aufzeigen, in welchen Stadtvierteln besonders viele Drogen konsumiert werden. Ein Testlauf in der 160000-Einwohner-Stadt Cary in North Carolina verlief vielversprechend.

Filtermodule fischen Abbauprodukte von Opioiden aus dem Abwasser.

Foto: Biobot Analystics

Um gezielt die Opioide im Abwasser zu finden, entwickelte das Unternehmen Biobot Analytics in Somerville ein tragbares Filtermodul, das einfach in den Abwasserstrom gehängt werden kann. Ausgestattet mit Pumpe, Filter und Sensoren sammelt das Modul genau die Moleküle, die Opioidkonsumenten über ihren Urin ausscheiden. Diese Proben werden danach entnommen und in einem Labor genauer analysiert.

Beim Pilotversuch in Cary wurden in zehn Stadtbezirken insgesamt eine knappe Million Liter Abwasser gefiltert. Unerwartet hohe Konzentrationen belegen, dass der Drogenmissbrauch deutlich verbreiteter ist als bisher angenommen. Zudem beschränkt er sich durchaus nicht auf Problembezirke. Anhand dieser Daten will die Stadtverwaltung nun ihre Vorsorge- und Aufklärungsmaßnahmen ausbauen. JAN-OLIVER LÖFKEN

VERKEHR

Elektroauto à la Skateboard

Die gesamte Technik eines Elektroautos will das israelische Start-up Ree in den Radkästen und im Unterboden verschwinden lassen. Jedes Rad erhält seinen eigenen Antrieb mit Federung, Bremsen und elektronischen Komponenten. Die Batterien liegen im flachen Unterboden. Auf diese Plattform lassen sich beliebige Karosserien vom Sportwagen bis zum Transporter montieren. Es gibt außer den Radhäusern keine Komponente, die Platz wegnimmt oder den Spielraum der Designer einengt.

Die raumsparende Skateboard-Konstruktion schafft Platz für Menschen oder Güter.

Foto: REE

Auf einen Radnabenmotor haben die Israelis verzichtet – zu viel rotierende und ungefederte Masse, sagte CEO Daniel Barel gegenüber dem Onlinemagazin „Newatlas“. Stattdessen sitzen die Motoren in den Radkästen und treiben die Räder per Getriebe an. Das eigentliche Geheimnis der Konstruktion besteht in der Radaufhängung, die so kompakt ausfällt, dass sie innerhalb der Felge Platz finden. Es gebe eine Reihe von aktiven und passiven Federungen zur Auswahl, so Barel. Gelenkt wird ausschließlich elektronisch („Steer-by-wire“), bei Bedarf auch mit allen vier Rädern. Das spart den Platz für Lenksäule, Spurstangen und Lenkgetriebe.

Antrieb, Federung und Elektronik verbergen sich im Rad des Ree.

Foto: REE

Das Unternehmen hat bereits eine Reihe verkleinerter, skateboardartiger Demonstratoren entwickelt. Die Israelis arbeiten nach eigenen Angaben mit verschiedenen Fahrzeugherstellern – darunter Mitsubishi – zusammen und erwarten, dass die ersten Fahrzeuge mit Ree-Architektur ab 2023 auf den Markt kommen werden. JO SCHILLING

MATERIAL

Fassade aus Beton und Holzschaum

Geringes Gewicht, gute Wärme- und Schallisolierung, natürliche Rohstoffe, einfaches Recycling – diese Vorteile vereinen Sandwich-Paneele, die das Fraunhofer-Institut für Holzforschung gemeinsam mit der TU Braunschweig entwickelt hat. Sie bestehen aus einem Holzschaumkern und dünnen Deckschichten aus glasfaserverstärktem Beton. Einsetzen lassen sie sich als Elemente einer Vorhangfassade oder im Innenausbau.

Das Sandwich aus Holzschaum und Betonisoliert gut und ist einfach zu recyceln.

Foto: Manuela Lingnau/Fraunhofer WKI

Der Holzschaum besteht nach Angaben des Instituts ausschließlich aus Holzfasern. Gewonnen werden können sie aus Holzresten, allen Baumarten und lignocellulosehaltigem Material aus Einjahrespflanzen wie Stroh. Die Holzbestandteile Hemicellulose und Lignin werden chemisch aktiviert, sodass Bindungen zwischen den Molekülen entstehen. Ein künstliches Bindemittel sei daher nicht nötig. Die Betonschichten können aufgeklebt oder aufgegossen werden. Im letzteren Fall lassen sich die Sandwich-Elemente besonders einfach recyceln. GREGOR HONSEL