Polarstern am Nordpol
Forschungseisbrecher erreicht 90 Grad Nord und setzt Fahrt Richtung Kanada fort
Das deutsche Forschungsschiff "Polarstern" hat heute den Nordpol erreicht, wie das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung berichtet. Das Schiff ist von Norwegen kommend in die kanadische Arktis unterwegs. Die geringe Eisbedeckung und das immer dünner werdende Eis erlaubt den direkten Weg über den Pol. Frühere Fahrten wurden in Begleitung anderer Eisbrecher unternommen.
Ein Team aus 55 Wissenschaftlern und Technikern ist an Bord, um für die "Transarktische Studie des Arktischen Ozeans im Wandel" umfangreiche Daten zu sammeln. Dazu gehören Eisbeobachtungen, Wasserproben und Sedimentkerne. Das Interesse der Forscher gilt sowohl den Kleinalgen und anderem Plankton, die den Anfang der arktischen Nahrungskette darstellen, ihren sterblichen Überresten am Meeresboden, wie auch den sich verändernden Süßwassereinträgen, Meeresströmungen und Eisbedingungen.
Seit dem 9. August fährt die "Polarstern" durch dichtes Packeis und hat dabei eine durchschnittliche Eisdichte von 0,9 Metern festgestellt. Ähnliche Werte wurden auch 2007 gemessen, in dem Jahr, als das arktische Meereis seine bisher geringste Ausdehnung seit dem Beginn der Satellitenmessungen erreichte. Im Jahr 2001 wurde noch eine mittlere Dicke von zwei Metern gemessen. Der Unterschied ist insofern bedeutsam, als dünnes Eis sehr anfällig dafür ist, im Sommer gänzlich aufzutauen. Eis von über einem Meter Dicke überdauert gewöhnlich den sonnenscheinreichen arktischen Sommer, wenn es nicht gerade durch ungünstige Winde östlich von Grönland in den Nordatlantik getrieben wird.
Die Eisbeobachtungen erfolgen an Bord der "Polarstern" im Stundenrhythmus nach genormten Bedingungen. Außerdem gibt es Messungen mit Hubschraubern, unter denen eine Sonde aufgehängt wird. In einem Blog beschreiben die Wissenschaftler ihre Beobachtungen am Eis:
Die Beobachtungen von Eisdicke und -bedeckung sind auch für die Bewertung und Kalibrierung von Satellitendaten notwendig. Die Interpretation der Mikrowellen- und Radardaten aus dem nahen Weltall ist ohne den Vergleich mit insitu-Messungen kaum denkbar und in allen Geowissenschaften gängige Praxis.
Die Wissenschaftler berichten von Bord von ähnlichen Bedingungen, wie sie schon 2007 rund um den Pol geherrscht haben. Auch die 8084/amsr/arctic_AMSRE_visual.png: Satellitendaten zeigen, wie weit sich das Eis in diesem Jahr zurückgezogen hat und wie löchrig es vielerorts derzeit ist.
Die beiden Grafiken dokumentieren zusätzlich, wie nah die diesjährige Eisbedeckung sich beim Minusrekord von 2007 befindet. Sie geben zwei unterschiedliche Interpretationen der Satellitendaten wieder. Im ersten Fall hat das National Snow an Ice Data Center der USA das Gebiet berechnet, in dem die Planquadrate zu mindestens 15 Prozent mit Eis bedeckt sind. Im Falle der unteren Grafik hat die Polar Research Group der University of Illinois at Urbana Champaign die Eisfläche aus den Satellitenmessungen extrahiert.
Der Rückgang wird sich noch etwa drei Wochen bis Mitte September fortsetzen. Zu dieser Zeit wird gewöhnlich das jährliche Minimum erreicht. Kurz vor der herbstlichen Tag-und-Nachtgleiche, die am Pol den Beginn der arktischen Nacht markiert, beginnt der Frost wieder die Oberhand zu gewinnen.